Samstag, 27. Mai 2017

Grundrechtecharta - Europäischen Menschenrechtskonvention


Eine bedeutende Neuerung bestand in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, aus der der Teil II des Verfassungsentwurfs bestand. Diese Charta war bereits 2000 vom Europäischen Rat in Nizza verabschiedet und feierlich proklamiert worden, sie war jedoch zunächst ohne Rechtsverbindlichkeit geblieben.


Durch den Verfassungsvertrag sollte die Grundrechtecharta in der ganzen Europäischen Union verbindlich werden. Inhaltlich orientierte sie sich an der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie ging damit in manchen Teilen weiter, in anderen weniger weit als vergleichbare Grundrechtskataloge, etwa im deutschen Grundgesetz. Art. II-113 VVE legte jedoch ausdrücklich das „Günstigkeitsprinzip“ fest, wonach die Grundrechtecharta in keinem Fall eine Verschlechterung der Grundrechtslage für den Einzelnen bedeuten dürfe. Sofern sich also die Grundrechtecharta und andere rechtsgültige Grundrechtskataloge, etwa in den Verfassungen der Einzelstaaten, widersprächen, würde grundsätzlich die für den Einzelnen bessere Regelung gelten.
Art. I-9 Abs. 2 VVE sah außerdem den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor. Dieser Beitritt befand sich bereits seit Jahrzehnten in der Diskussion, nicht zuletzt da sich die EU seit dem Birkelbach-Bericht von 1961 bei der Definition ihrer politischen Werte auf die Grundsätze des Europarats bezieht, die in der EMRK niedergelegt sind. Allerdings benötigte die EU für den Beitritt zur EMRK eine eigene Rechtspersönlichkeit, die sie erst durch die Verfassung erhalten sollte.

Außerdem würde es für den Beitritt der EU zur EMRK einer Änderung der Konvention bedürfen, da diese zurzeit nur Mitgliedstaaten des Europarates offensteht (Art. 59 Abs. 1 EMRK). Diese Anpassung soll durch das 14. Zusatzprotokoll zur EMRK geschehen, welches der EMRK-Mitgliedstaat Russland bislang noch nicht ratifiziert hat und das somit noch nicht in Kraft getreten ist. Schließlich müsste für den beabsichtigten Beitritt der EU zur EMRK noch ein Beitrittsabkommen ausgehandelt werden, das ein eigener internationaler Vertrag ist und daher vom Rat der EU einstimmig beschlossen und von sämtlichen Mitgliedstaaten der EMRK ratifiziert werden muss. Letztlich hätte somit auch nach Inkrafttreten der Verfassung jedem Mitgliedstaat ein Veto gegen den EMRK-Beitritt der EU offengestanden, da jeder Mitgliedstaat die konkreten Bedingungen dieses Beitritts ablehnen könnte.

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