Samstag, 8. April 2017

Die Kommission und ihr Präsident


Die Kommission sollte nach dem Verfassungsvertrag wie schon zuvor „Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen“ ausüben. Außerdem sollte das alleinige Initiativrecht der Kommission in der EU-Rechtsetzung gestärkt werden, indem die Ausnahmefälle, in denen auch der Rat Gesetzgebungsvorschläge machen kann, reduziert wurden.
Kaum Änderungen gab es im Ernennungsverfahren der Kommission. Ihre Amtszeit sollte weiterhin fünf Jahre betragen. Nach der Europawahl sollte der ER einen Kommissionspräsidenten vorschlagen, der vom Parlament bestätigt oder abgelehnt werden musste.


Im Fall einer Ablehnung hätte der ER einen neuen Vorschlag machen müssen, das Parlament sollte jedoch weiterhin keine eigenen Kandidaten ernennen können. Nach der Bestätigung durch das Parlament sollte der Kommissionspräsident seine Kommissare nach Vorschlägen aus den Mitgliedstaaten ernennen, abschließend die gesamte designierte Kommission erneut vom Parlament bestätigt werden. Während der Amtszeit der Kommission sollte der Kommissionspräsident jedes einzelne Kommissionsmitglied absetzen können, das Parlament durch einen Misstrauensantrag jedoch nur die komplette Kommission.

Eine wesentliche Neuerung des Verfassungsvertrages war die Verkleinerung der Kommission. Diese bestand bisher aus einem Kommissar pro Mitgliedstaat und war daher durch die Erweiterungen 2004 und 2007 auf 27 Mitglieder angewachsen. Schon im Vertrag von Nizza hatten sich die Regierungschefs darauf geeinigt, dass nicht mehr jedes Land immer einen Kommissar stellen dürfte, sobald die EU mehr als 25 Mitglieder haben würde; allerdings war es zu keiner konkreten Alternativregelung gekommen. Der Verfassungsvertrag sah nun ein Rotationsprinzip vor, wonach es jeweils aus zwei Dritteln der Mitgliedstaaten je einen Kommissar geben sollte.

Insbesondere die kleineren Staaten standen dem Prinzip einer verkleinerten Kommission sehr kritisch gegenüber. Neben den Mehrheitsregelungen im Rat führte dieser Punkt auf der Regierungskonferenz zum zweiten großen Konflikt. Es wurde daher beschlossen, dass diese Regelung erst 2014 in Kraft treten sollte, bis dahin sollte weiterhin jedes Land einen Kommissar stellen. Auch wie das Rotationsprinzip genau funktionieren sollte, wurde auf der Regierungskonferenz noch nicht eindeutig geklärt, sondern einer späteren Entscheidung des Europäischen Rats überlassen. 

Festgeschrieben wurden nur die Grundsätze der Rotation: Demnach sollten die Mitgliedstaaten bei der Wahl der Kommissare „vollkommen gleich behandelt“ werden, doch „ist jedes der aufeinander folgenden Kollegien so zusammengesetzt, dass das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt“. Dieser Satz wurde so ausgelegt, dass immer ein Gleichgewicht von großen und kleinen, nördlichen und südlichen, reichen und armen Herkunftsländern gegeben sein müsse.

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