Frühgeschichte
Die ersten Siedlungsspuren stammen aus der Jungsteinzeit (etwa um 4000 v. Chr.), eine weitere Siedlungswelle vom chinesischen Festland her lässt sich für zirka 2500 v. Chr. nachweisen. Diese Periode war durch Ackerbau und eine Megalithkultur mit aufgerichteten Großsteinen gekennzeichnet und durch Gräber aus Steinkisten.
Noch während der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends unserer Zeitrechnung boten die indigenen Kulturen auf dem chinesischen Festland und den diesem vorgelagerten Inseln ein kulturell und linguistisch ähnliches Bild (siehe Austronesisch). Bis zum 17. Jahrhundert gab es jedoch kaum kulturelle Verbindungen zwischen Taiwan und China. Die indigenen Völker Taiwans pflegten Handelsbeziehungen sowohl mit China wie auch in Richtung Süden, z. B. mit den Philippinen.
Während der Sui-Dynastie soll es im Jahr 608 erstmals eine chinesische Expedition nach Taiwan gegeben haben. In der Anfang des 18. Jahrhunderts erschienenen ersten chinesischen Darstellung Taiwans (臺灣府志 / 台湾府志, Táiwānfǔ zhì – „Schilderung des Distrikts Taiwan“) ist als erste Expedition eine Reise des Admirals Zheng He im 15. Jahrhundert erwähnt, die jedoch ebenfalls nicht zweifelsfrei belegt ist.
Europäische Mächte
1583 erreichten die Portugiesen als erste Europäer die Insel und nannten sie Ilha Formosa („Schöne Insel“). 1624 besetzten niederländische Seefahrer und die Niederländische Ostindien-Kompanie den Süden der Insel und 1626 gründeten Spanier Niederlassungen bei Keelung und Tanshui.
Bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts war die Insel, abgesehen von einer geringen Zahl chinesischer Siedler, fast ausschließlich von austronesischen indigenen Völkern bewohnt. Dann wanderten in mehreren Immigrationswellen chinesische Siedler vom Festland her ein. Ihre Nachfahren bilden heute die Mehrheitsbevölkerung Taiwans. Die Ureinwohner in den westlichen Ebenen gingen weitgehend in der eingewanderten Han-Bevölkerung auf, nur in unzugänglichen Bergregionen konnten einige indigene Völker ihre Eigenständigkeit bis ins frühe 20. Jahrhundert bewahren.
Die erste größere chinesische Einwanderungswelle geht auf die niederländischen Kolonisatoren zurück, die ab 1624 Siedler anwarben. Um 1641 war etwa ein Drittel der Insel unter niederländischer Verwaltung. Die niederländische Kolonialverwaltung begann zudem mit der christlichen Missionierung der Ureinwohner und richtete die ersten öffentlichen Schulen ein. Das von den Niederländern eingeführte lateinische Alphabet hielt sich bis ins frühe 18. Jahrhundert.
Die niederländischen Kolonialherren wurden durch Zheng Chenggong (Koxinga) vertrieben, einen Kriegsherrn, Piraten, Kaufmann chinesisch-japanischer Abstammung und Ming-Loyalisten. Er gründete das Königreich Tungning (chinesisch 東寧王國 / 东宁王国, Pinyin Dōngníng Wángguó). 1683 annektierten die neuen Herrscher in Peking, die von den siegreichen Mandschu gegründete Qing-Dynastie (1644–1911), die Insel.
Japanische Herrschaft
Im Frieden von Shimonoseki musste China nach dem verlorenen chinesisch-japanischen Krieg von 1894/95 Formosa (Taiwan) und die Pescadoren an Japan abtreten. Als Reaktion hierauf rief die ehemalige Provinzregierung Taiwans die Republik Formosa aus und widersetzte sich der Abtretung mit Unterstützung von Teilen der Bevölkerung, so dass Japan die Insel in einem mehrmonatigen Feldzug erobern musste. Taiwan blieb bis 1945 japanische Kolonie.
Die japanische Kolonialverwaltung brachte auch die Ureinwohner unter ihre Kontrolle und richtete Schulen und Polizeistationen in den Dörfern ein. Die bis dahin bei einzelnen Stämmen übliche Kopfjagd wurde unterbunden. Gegen Ende ihrer Herrschaft versuchten die Japaner, auch auf Taiwan den Shintoismus als Staatsreligion und -ideologie einzuführen.
Im Jahr 1919 wurde die Bevölkerung auf ungefähr 3 Millionen Han-Taiwaner (Chinesen), 100.000 Japaner und 120.000 Angehörige indigener Völker geschätzt.
Republik China
1945 wurde Taiwan nach der japanischen Niederlage gemäß den alliierten Kriegszielen (Kairoer Erklärung) in die damalige Republik China unter Führung von Chiang Kai-shek eingegliedert, während auf dem chinesischen Festland der Bürgerkrieg zwischen der regierenden Kuomintang (KMT) und den chinesischen Kommunisten wieder entbrannte. Die Truppen der Republik wurden von den Taiwanern zunächst begeistert begrüßt, doch kam es wegen allgegenwärtiger Korruption, galoppierender Inflation und wirtschaftlichen Niedergangs rasch zu Spannungen zwischen Taiwanern und der von der Kuomintang-Regierung eingesetzten Verwaltung, die sich beim Zwischenfall vom 28. Februar 1947 in einem blutig niedergeschlagenen Volksaufstand entluden.
1949 floh die Kuomintang-Regierung unter Chiang Kai-shek nach ihrer Niederlage im chinesischen Bürgerkrieg auf die Insel und machte die Stadt Taipeh zu ihrem Regierungssitz. Mit ihr kamen 1949 etwa 1,5 Millionen Flüchtlinge aus allen Teilen Festlandchinas nach Taiwan, die mit ihren Nachkommen heute ungefähr 14 % der Bevölkerung stellen und in der taiwanischen Gesellschaft als Waishengren bezeichnet werden.
Die Kuomintang (KMT) regierte die Insel über vier Jahrzehnte als autoritären Einparteienstaat. 1987 hob die KMT das Kriegsrecht auf, die erste Oppositionspartei, die Demokratische Fortschrittspartei (DFP) wurde gegründet. Die lange aus Schulen, Behörden und Rundfunk verbannten Lokalsprachen, insbesondere das Taiwanische, erlebten eine Renaissance. Auch gibt es seit Mitte der 1990er Jahre Bestrebungen, die Kultur und die Sprachen der Ureinwohner zu bewahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen