Montag, 30. Oktober 2017

Europa der Regionen



Die Vision des niederländischen Geschäftsmanns und Bierbrauers Alfred Heineken zur Aufteilung der Europäischen Union in 75 Regionen, angeregt durch die Philosophie Leopold Kohrs („Disunion Now“), die sodann die Vereinigten Staaten von Europa bilden sollen. Veröffentlicht wurde diese im Jahre 1992 im Buch The United States of Europe (a Eurotopia?).
Ausgangsüberlegung Heinekens war die Annahme, ein Europa mit seinerzeit 350 Mio. Einwohnern sei unregierbar, weshalb eine Dezentralisierung in Regionen mit 5 bis 10 Millionen Einwohnern geboten sei. Die vom Leidener Historiker Wim van den Doel vorgeschlagene Unterteilung in die diversen Regionen beruhte auf Konsultationen Heinekens mit Henk Wesseling, damals Professor der allgemeinen Geschichte an der Universität Leiden. Grundlage waren dabei die ethnischen Verbreitungsgebiete, nach denen sich die Aufteilung richtete. Diese sollte unter dem Motto „vor allem die Vormachtstellung der großen EU-Mitgliedsstaaten beseitigen und so mehr Stabilität, Gleichheit und Friede gewährleisten.“ Zugleich sollte auch die Verwaltung effizienter strukturiert werden.
Auch andere haben sich mit den Europa der Regionen befasst:

Laut Josef Isensee nimmt im Drei-Ebenen-System Union - Staat - Region der EU die unterste Ebene nur eine bescheidene Rolle ein. Auch der „Ausschuss der Regionen“ hätte Hoffnungen auf eine wirksamere Vertretung der Regionen enttäuscht. Es handle sich dabei mehr um eine „folkloristische Schaubühne“. Dennoch sieht Isensee großes Zukunftspotential in den Regionen, denn diese seien „vitale Elemente europäischer Identität“, während die Union selbst nur ein „Konstrukt der politischen Vernunft“ sei. Die Idee Europa erlange in den Regionen Bodenhaftung. „Hier wurzelt seine Vielgestalt, jener ‚unerschöpfliche Reichtum‘, der sein Wesen ausmacht.“

Auch Robert Menasse ist der Auffassung, dass der Region im Lissaboner Vertrag nur eine marginale Rolle zukomme, doch in Wahrheit sei die Region für den Menschen mentalitätsprägend und identitätsstiftend.

Für Werner Weidenfeld ist das Interesse an einem „Europa der Regionen“ nur ein Teil einer thematischen Konjunktur: Mal stünden bestimmte Themen im Mittelpunkt, mal bestenfalls am Rande. Für die Lösung der aktuellen Herausforderungen fordert er ein „Europa der Bürger“ durch eine strategisch denkende Politik-Generation.

Christoph Perathoner sieht hingegen die Rolle der Regionen in der EU weit positiver. Ausgehend von der Feststellung Daniel Bells, wonach die Nationalstaaten zur Lösung der großen Probleme zu klein seien und zur Lösung der kleinen Probleme zu groß, kommt er zum Schluss, dass die Regionen im Begriff stünden, diese Lücke zu schließen. Er fordert die Umgestaltung des Ausschusses der Regionen zu einem Senat der Regionen.


Peter Hilpold sieht in den Regionen bzw. in der Regionalpolitik ein wichtiges Instrument zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Dazu ist mehr (wenn auch nicht uneingeschränkte) Solidarität erforderlich und diese kann sehr wirksam über die Regionalpolitik geübt werden.

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