Samstag, 10. Juni 2017

Europäischer Konvent und Regierungskonferenz


Im Dezember 2001 beauftragten daraufhin die Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten einen großen Konvent unter der Leitung des früheren französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing mit der Ausarbeitung eines neuen Europavertrages. Dieser zweite Europäische Konvent („Verfassungskonvent“), der zwischen dem 28. Februar 2002 und dem 18. Juli 2003 einen Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa erarbeitete, bestand aus Regierungsvertretern der fünfzehn Mitgliedstaaten und der dreizehn Beitrittsländer und -kandidaten (einschließlich der Türkei) sowie Vertretern des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der nationalen Parlamente. Ein ähnlicher Konvent hatte zuvor bereits die EU-Grundrechtecharta verfasst, war jedoch noch niemals für die Ausarbeitung eines EU-Vertrags eingerichtet worden.


Der Verfassungsentwurf, den der Europäische Konvent 2003 vorschlug, wurde allerdings nicht unmittelbar von den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat übernommen. Vielmehr setzten diese zunächst eine Regierungskonferenz ein, die den Entwurf noch einmal überarbeitete. Anders als der Name nahelegt, handelte es sich dabei nicht um eine einzelne Konferenz, sondern eine monatelange Abfolge von Gesprächen, Treffen und Verhandlungen zwischen Beamten, Ministern und Regierungschefs. Während der Konvent eine Neuheit in der Geschichte der EU-Vertragsreformen gewesen war, entsprach die Regierungskonferenz dem üblichen Vorgehen vor der Verabschiedung neuer völkerrechtlicher Verträge. Sie diente insbesondere dazu, die Vorbehalte einzelner Regierungen, insbesondere Spaniens und Polens, gegenüber dem vorgeschlagenen Stimmengewicht und der Machtverteilung im EU-Ministerrat auszuräumen.

Tatsächlich kam erst mit dem Regierungswechsel in Spanien im Frühjahr 2004 Bewegung in die Gespräche, sodass am 18. Juni 2004 vom Europäischen Rat in Brüssel eine Einigung erzielt werden konnte. Am 29. Oktober 2004 wurde die Europäische Verfassung daraufhin von den Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichnet. Ort der Unterzeichnung war Rom. Dies lag zum einen daran, dass Italien im zweiten Halbjahr 2004 die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, zum anderen sollte diese Ortswahl an die Römischen Verträge von 1957 erinnern, mit denen die EU-Vorläuferorganisationen EWG und Euratom gegründet worden waren.

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