Samstag, 15. April 2017

Kompetenzabgrenzung in Europa


Die Europäische Union besitzt grundsätzlich nur die Kompetenzen, die ihr in den Gründungsverträgen ausdrücklich zugestanden werden („Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung“). In den früheren Verträgen fanden sich diese Kompetenzen jedoch nicht in einem bestimmten Artikel aufgelistet, sondern über das ganze Vertragswerk verteilt. Dies erschwerte das Verständnis des Vertrages und führte häufig zu Unklarheiten über den Umfang der Zuständigkeiten der Union im Einzelnen.



In dem Verfassungsvertrag sollte dieses Problem durch einen „Kompetenzkatalog“ (nach Vorbild des Kompetenzkatalogs im deutschen Grundgesetz) gelöst werden, der die Zuständigkeiten der Union systematischer darstellte. Art. I-12 VVE unterschied hiernach zwischen ausschließlichen, geteilten und unterstützenden Zuständigkeiten: Im ersten Fall sollte nur die EU zuständig sein; im zweiten Fall sollte die EU zuständig sein, die Mitgliedstaaten könnten jedoch Gesetze erlassen, soweit die Union dies nicht selbst täte. Im Fall der unterstützenden Zuständigkeit sollte die EU Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützen, koordinieren oder ergänzen, aber nicht selbst gesetzgeberisch tätig werden können. Zusätzlich genannt wurden die intergouvernementalen Bereiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie Außen- und Sicherheitspolitik, in denen die EU Leitlinien sollte festlegen können, jedoch nur durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedstaaten im Ministerrat.
Art. I-13 bis I-17 VVE ordneten schließlich die verschiedenen Politikbereiche, in denen die EU Zuständigkeiten hat, der jeweiligen Zuständigkeitsart zu. Zu den ausschließlichen Kompetenzen der Union sollten dabei insbesondere Handelspolitik und Zollunion zählen; die geteilte Zuständigkeit umfasste unter anderem Binnenmarkt, Landwirtschaft, Energie, Verkehr, Umwelt und Verbraucherschutz; Unterstützungsmaßnahmen sollte die EU unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Industrie, Bildung und Katastrophenschutz durchführen können.

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