Samstag, 25. Februar 2017

Der Europäische Rat und sein Präsident


Der Europäische Rat (ER), der sich aus den Staats- und Regierungschefs der einzelnen Mitgliedstaaten zusammensetzt und seit den siebziger Jahren regelmäßig tagt, gilt als ein wichtiger Motor der europäischen Integration. Er war bisher allerdings (anders als der Ministerrat) kein offizielles Organ der EU. Durch den Verfassungsvertrag sollte er auch formal in die EU-Struktur einbezogen werden. Der im bisherigen EG-Vertrag genannte „Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs“ (der faktisch, aber nicht rechtlich mit dem ER übereinstimmt) sollte mit dem Europäischen Rat zusammengelegt werden.


Laut Verfassungsvertrag sollte der Europäische Rat die „Impulse“ und „politischen Zielvorstellungen und Prioritäten“ der Europäischen Union festlegen, ohne allerdings gesetzgeberisch tätig zu werden. Seine Aufgaben sollten vielmehr Veränderungen an der Konstruktion der EU selbst und grundlegende Entscheidungen wie etwa neue Mitgliedschaften oder die Übertragung weiterer Aufgaben an die EU sein. Außerdem sollte der ER den Kommissionspräsidenten vorschlagen. Dabei sollte der Europäische Rat Entscheidungen wie schon bisher grundsätzlich „im Konsens“, also einstimmig treffen.

Eine bedeutende Neuerung des Verfassungsvertrags war allerdings die Einrichtung des Amtes eines Präsidenten des Europäischen Rates. Dieser sollte vom ER mit qualifizierter Mehrheit für zweieinhalb Jahre (bei einmaliger Wiederwahlmöglichkeit) gewählt werden und damit den bisher im halbjährlichen Rhythmus rotierenden Ratsvorsitz ablösen, der jeweils von einem Regierungschef wahrgenommen wird.

Damit sollte die Effizienz der Aktivitäten des Europäischen Rates gesteigert werden: Als nachteilig am bisherigen System der „Semesterpräsidenten“ wurden einerseits die mit dem Vorsitz wechselnden Schwerpunkte in der politischen Agenda und die unterschiedliche Mentalität der Vorsitzenden empfunden, andererseits die Doppelbelastung, da der Ratsvorsitzende immer zugleich auch Regierungschef seines eigenen Landes war. Der hauptamtliche Präsident sollte durch die verlängerte Amtszeit eine leistungsfähige und kontinuierliche Abstimmung zwischen den Regierungschefs gewährleisten und deren Treffen im ER vorbereiten. 

Außerdem sollte er dem Europäischen Rat – als einem der Hauptentscheidungsorgane der EU – ein „Gesicht“ geben. Dadurch sollte etwa bei einem internationalen Konflikt oder bei wichtigen internen Entscheidungen vor Medien und Bürgern demonstriert werden, dass die EU als Ganzes handelt.

Allerdings sollten weder der ER noch der Präsident in die Tagespolitik und in die Gesetzgebung eingreifen dürfen. Diese sollte allein Aufgabe von Kommission (Initiativrecht) sowie Rat und Parlament bleiben. An dem Verfassungsentwurf wurde daher kritisiert, dass es zu Konflikten zwischen dem Präsidenten des Europäischen Rates (hinter dem ja immerhin alle Regierungschefs der EU stünden) und dem Kommissionspräsidenten kommen würde.

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