Mittwoch, 30. November 2016

Grundbesitz und Freiheit



ATTINGHAUSEN:
- Geh hin, verkaufe deine freie Seele,
Nimm Land zu Lehen, werd ein Fürstenknecht,
Da du ein Selbstherr sein kannst und ein Fürst
Auf deinem eignen Erb und freien Boden.
Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen!
Geh nicht nach Altorf - O, verlaß sie nicht,
Die heilge Sache deines Vaterlands!

 
RUDENZ verteidigt sich:
Vergebens widerstreben wir dem König,
Die Welt gehöret ihm. Woll’n wir allein
Uns eigensinnig steifen und verstocken,
Die Länderkette ihm zu unterbrechen,
Die er gewaltig rings um uns gezogen?
Sein sind die Märkte, die Gerichte, sein
Die Kaufmannsstraßen, und das Saumroß selbst,
Das auf dem Gotthard ziehet, muß ihm zollen.
Von seinen Ländern wie mit einem Netz
Sind wir umgarnet rings und eingeschlossen.
     
Zum eigenen Grundbesitz noch folgendes Gespräch STAUFFACHERs mit seiner Frau GERTRUD aus dem Wilhelm Tell
 
STAUFFACHER:
So ist's, das ist des Gesslers Groll auf mich.

GERTRUD:
Er ist dir neidisch, weil du glücklich wohnst,
Ein freier Mann auf deinem eignen Erb,
- Denn er hat keins. Vom Kaiser selbst und Reich
Trägst du dies Haus zu Lehn, du darfst es zeigen,
So gut der Reichsfürst seine Länder zeigt,
Denn über dir erkennst du keinen Herrn
Als nur den Höchsten in der Christenheit -
Er [Gessler] ist ein jüngrer Sohn nur seines Hauses,
Nichts nennt er sein als seinen Rittermantel,
Drum sieht er jedes Biedermannes Glück
Mit scheelen Augen giftger Mißgunst an,
Dir hat er längst den Untergang geschworen -
Noch stehst du unversehrt - Willst du erwarten,
Bis er die böse Lust an dir gebüßt?
Der kluge Mann baut vor.


Wilhelm Tell

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